Chemische und pflanzliche Schlafmittel schaffen Abhilfe bei belastenden Schlafstörungen


Ein erholsamer Schlaf ist wichtig, sowohl für den Körper als auch für den Geist. Denn: Wer regelmäßig unter Schlafstörungen leidet, hat häufig

  • ein geschwächtes Immunsystem,
  • ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
  • oft auch Probleme mit seinem Gedächtnis.

Gerade diese Beeinträchtigungen und das stundenlange Wachliegen, obwohl man sich müde fühlt, lassen Schlafstörungen schnell zu einer großen Belastung werden. Am besten ist es, den Schlaf ohne Medikamente in den Griff zu bekommen – manchmal können chemische oder pflanzliche Schlafmittel gegen Schlafstörungen jedoch hilfreich sein.

Ursache der Schlafstörungen als Basis für die Wahl des richtigen Schlafmittels


Ärzte raten eindringlich von der Selbstmedikation ab. Patienten begeben sich sonst schnell in eine gefährliche Spirale: Sie nehmen Schlafmittel, der herbeigesehnte Schlaf stellt sich ein, daraufhin greifen sie immer und immer wieder zu den Schlaftabletten. Doch der Körper gewöhnt sich bei zunehmender Therapiedauer an die Wirkung. Er verlangt nach immer höheren Dosen, um denselben Effekt herbeizuführen. Die Gefahr der Medikamentenabhängigkeit beziehungsweise des -missbrauchs besteht.

Generell behandeln Schlaftabletten immer nur das Symptom, nicht die Ursache der Schlafprobleme. Bevor Sie also ein Schlafmittel einnehmen, sollten Sie stattdessen herausfinden, warum Ihr Schlaf gestört ist, um langfristig zu einem gesunden Schlaf zurückzufinden. Denn gegen einige Auslöser von Schlafstörungen können Hypnotika nichts ausrichten, zum Beispiel gegen zu viel Kaffee am Nachmittag oder eine schwer verdauliche Mahlzeit am Abend.

Tipps zur Ursachenfindung:

  • Führen Sie über zwei Wochen ein Schlafprotokoll. Darin notieren Sie die Schlafdauer, Einschlaf- und Aufwachzeiten, ob sie etwas erlebt haben, was Sie seelisch belastet hat sowie ob Sie sich körperlich angestrengt haben. Vor allem die Tätigkeiten in den letzten Stunden am Abend sollten Sie erfassen.
  • Suchen Sie einen Arzt auf! Er kann organische Ursachen Ihrer Schlafstörungen erkennen oder ausschließen und Ihnen Tipps für Mittel gegen Schlafstörungen geben.

Zudem sollten Sie sich fragen, ob Sie zuletzt Ihre Schlafgewohnheiten geändert haben. Dies ist ebenfalls ein wichtiger Punkt bei der Suche nach der Ursache.

Schlafmittel im Überblick: Diese Hypnotika gibt es


In der Apotheke sind unterschiedliche chemische und pflanzliche Schlafmittel erhältlich – sowie weitere Medikamente, die nicht explizit als Schlafmittel deklariert sind, jedoch die Nachtruhe als positive Nebenwirkung fördern:

Scroll Table
SubstanzgruppeAnwendungNebenwirkungen (Auszug)
Benzodiazepine
  • verschreibungspflichtig
  • nur in der Akutbehandlung bei schweren Schlafstörungen
  • längerfristige Einnahme muss von einem Facharzt verordnet werden, nur in Ausnahmefällen bei schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankungen
  • machen schnell abhängig
  • widersprüchliche Situationen (beispielsweise vermehrtes Wachsein)
  • Hangover (Müdigkeit am folgenden Tag), steigendes Unfallrisiko durch beeinträchtigtes Reaktionsvermögen
  • Sturzgefahr aufgrund ihrer muskelentspannenden Wirkung (vor allem bei älteren Menschen)
Benzodiazepin-Rezeptor-Agonisten (Z-Medikamente)
  • machen schnell abhängig
  • wirken ähnlich den Benzodiazepinen
  • Nebenwirkungen gleichen denen der Benzodiazepine
Neuroleptika
  • verschreibungspflichtig
  • bei Schlafstörungen im Zusammenhang mit Psychosen
  • hohe Nebenwirkungsrate wie endokrine (auf das Hormonsystem bezogene) und kardiovaskuläre (Herz und Gefäße betreffende) Störungen
  • Leberfunktionsstörungen
Antihistaminika
  • teilweise rezeptfrei
  • vorwiegend zur Behandlung allergischer Reaktionen
  • haben aber auch eine müde machende Wirkung, daher Anwendung bei leichten, nicht-chronischen Schlafstörungen
  • Schwindel
  • Konzentrationsprobleme
  • Mundtrockenheit
Antidepressiva
  • verschreibungspflichtig
  • bei chronischen Schlafstörungen
  • helfen bei Ein- und Durchschlafen, Schlafstörungen mit Ängsten und Anspannungsgefühlen
  • Leberwert- und Blutbildveränderungen
  • Gewichtszunahme
  • Harnentleerungsstörungen
  • Schwitzen
Alkoholderivate
  • Anwendung gilt als obsolet (nicht mehr üblich)
  • Abhängigkeitspotenzial
  • hohe Toxizität (Giftigkeit)
pflanzliche Schlafmittel
  • gelten als gut verträglich und arm an Nebenwirkungen
  • das Reaktionsvermögen kann geringfügig beeinträchtigt werden
natürliche Schlafmittel

(endogene), am Beispiel Melatonin

  • rezeptpflichtig
  • bei primärer Insomnie (Schlaflosigkeit ohne erkennbare psychische oder körperliche Ursachen) bei über 55-jährigen Patienten
  • Bauchschmerzen
  • Kopfschmerzen
  • vermehrtes Schwitzen
  • Schwindel

Pflanzliche Schlafmittel bei Einschlafstörungen


Pflanzliche Schlafmittel enthalten häufig Baldrianwurzel, Hopfen, Melisse oder Passionsblume- und Johanniskrautextrakte, die beruhigend und einschlaffördernd wirken. Sie sind als Tabletten, Dragees, Tropfen und auch Tees erhältlich. Für die Herstellung werden bestimmte Pflanzenteile verwendet: vom Baldrian beispielsweise die Wurzel.

Die Heilpflanzen bei Schlafstörungen wirken auf unterschiedliche Art, bisher ist nur wenig über die genauen Mechanismen bekannt. Auch die Studienlage ist bei den meisten Substanzen dünn. Zumindest für pflanzliche Schlafmittel mit Baldrian liegen positive Studienergebnisse vor: Im Vergleich zu einem Placebo ist die Wirkung auf Schlafstörungen bewiesen.1 Baldrian greift nicht in die Schlafphasen ein. Somit kommt es auch nicht zu einer gesteigerten Übermüdung oder nachwirkenden Erschöpfung am nächsten Tag. Doch Achtung: Wird Baldrian unterdosiert, wirkt es eher anregend. Soll es seine beruhigende Wirkung entfalten, sind dafür 500 bis 900 Milligramm täglich notwendig.2 Optimal bei Schlafstörungen sind 600 Milligramm pro Tag.2 Außerdem sollten die Patienten etwas Geduld mitbringen: Die Wirkung von Arzneimitteln pflanzlichen Ursprungs (Phytopharmaka) wie Baldrian setzt erst nach 10 bis 14 Tagen ein.3

Sind rezeptfreie Schlafmittel harmlos?

Nein, selbst wenn Sie rezeptfreie Schlafmittel beispielsweise auf pflanzlicher Basis einnehmen wollen, sollten Sie mit einem Arzt Rücksprache halten, denn auch diese Schlafmittel können abhängig machen. Ein Arzt hilft bei der Auswahl des besten Mittels, legt die richtige Dosierung fest und beurteilt den Behandlungserfolg.

Benzodiazepine und Z-Medikamente: Synthetische Schlaftabletten mit starker Wirkung


Zu den Benzodiazepinen gehören unterschiedliche Wirkstoffe, die sich in ihrer Wirkdauer und Stärke unterscheiden. Beispielsweise sind folgende Wirkstoffe verbreitet (Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit, stellt keine Empfehlung dar):

  • Triazolam
  • Temazepam
  • Nitrazepam
  • Diazepam
  • Lormetazepam
  • Flurazepam

Einschlaf- und Durchschlafschwierigkeiten

Schläft der Patient nur schwer ein, wird der Arzt ein Mittel verschreiben, das kurz nach der Einnahme seine Wirkung entfaltet und schnell wieder vom Körper abgebaut wird. Stehen Durchschlafprobleme im Vordergrund, gibt es Hypnotika, die über längere Zeit wirken.

Je nach Wirkstoff sind die Medikamente unterschiedlich stark beruhigend, entspannend, angstlösend oder schlaffördernd. Starke Schlafmittel aus der Substanzgruppe der Benzodiazepine entfalten ihre Wirkung direkt im Gehirn und beeinflussen die Schlafphasen: Einschlafzeit sowie nächtliche Wachzeiten sind kürzer, aber auch die erholsamen Tiefschlafphasen nehmen ab. Benzodiazepine dürfen nicht länger als drei Wochen ununterbrochen eingenommen werden, da Benzodiazepine relativ schnell zur körperlichen Abhängigkeit führen.4 Nur in Ausnahmefällen ist bei schweren psychiatrischen Erkrankungen eine längerfristige Einnahme nach fachärztlicher Verordnung erlaubt.5

Einen ganz ähnlichen Wirkmechanismus haben die Nicht-Benzodiazepin-Agonisten. Die starken Schlafmittel werden auch Z-Medikamente genannt, da viele der Wirkstoffe mit Z beginnen, beispielsweise Zaleplon, Zopiclon oder Zolpidem. Auch sie sind nur für eine kurzfristige Anwendung von maximal drei Wochen geeignet.6 Da sie weniger abhängig als die Benzodiazepine machen, werden sie diesen allerdings häufig vorgezogen.

Kurzzeitbehandlung bei Schlafstörungen mit Antihistaminika


Vor allem als Mittel gegen Allergien bekannt, werden Antihistaminika wie Diphenhydramin und Doxylamin als Schlafmittel eingenommen. Besonders die Mittel der ersten Generation weisen als Nebenwirkung ein schlafförderndes Potenzial auf. Trotzdem sollten sie nicht eigenmächtig und/oder über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Denn: Sie greifen in das Schlafmuster ein, indem sie den REM-Schlaf unterdrücken. In dieser Schlafphase findet die Verarbeitung des Tagesgeschehens statt. Fällt sie aus, leiden viele Menschen spätestens nach einigen Tagen unter Konzentrationsproblemen oder vermehrter Reizbarkeit. Zudem kann nach wenigen Tagen bis Wochen eine Gewöhnung an die Wirkstoffe erfolgen.

Antidepressiva als Schlafmittel


Neben Antidepressiva mit stimmungsaufhellenden und antriebssteigernden Eigenschaften, sind auch solche auf dem Markt, die dämpfend und beruhigend wirken, beispielweise Trimipramin, Doxepin, Amitriptylin oder Mirtazapin. Medikamente aus dieser Substanzgruppe sollten jedoch, sofern sie als Schlafmittel eingesetzt werden, wesentlich niedriger dosiert sein. Auch wenn Antidepressiva den Vorteil haben, dass sie nicht abhängig machen, selbst wenn sie über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, haben sie dennoch Nebenwirkungen (siehe Tabelle). Zudem gibt es Erkrankungen, bei denen die Anwendung bestimmter Wirkstoffe aus dieser Substanzgruppe nicht erlaubt ist. Mediziner sprechen hier von Kontraindikationen. Je nach Wirkstoff der Antidepressiva sind das beispielsweise schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Epilepsie oder Störungen der Harnentleerung.

Der Einsatz von Neuroleptika


Neuroleptika, auch Antipsychotika genannt, verordnen Ärzte in der Regel bei schweren psychischen Erkrankungen wie Psychosen oder Halluzinationen. Da vor allem die sogenannten niederpotenten Antipsychotika beruhigend wirken, kommen diese bei Schlafstörungen im Rahmen von Psychosen zum Einsatz oder bei älteren Personen mit begleitender Demenzerkrankung, die aufgrund schwerer Grunderkrankungen beispielsweise keine Antidepressiva oder Benzodiazepine einnehmen dürfen. Bekannte Wirkstoffe sind Melperon, Pipamperon, Levomepromazin und Promethazin. Die Verschreibung von Medikamenten dieser Stoffgruppe sollte durch einen psychiatrisch weitergebildeten Spezialisten erfolgen.

Zählt das Alkoholderivat Chloralhydrat zu den Schlafmitteln?


Zwar gelten Alkoholderivate laut der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie im Allgemeinen als obsolet (nicht mehr üblich). Der Vollständigkeit halber sei in der Aufzählung von Schlafmitteln aber auch das älteste synthetisch hergestellte Schlafmittel Chloralhydrat erwähnt, welches bereits 1832 entdeckt wurde.7 Ein begrenztes Anwendungsgebiet (Indikation) besteht bei älteren Patienten, die darauf besser reagieren als auf andere Schlafmittel. Doch die Liste der Nebenwirkungen ist beträchtlich; aufgrund seiner hohen Toxizität dürfen es Patienten mit Nieren- und Leberschädigungen sowie Magen-Darm- oder kardiovaskulären Erkrankungen (Herz und Gefäße betreffend) nicht einnehmen.

Natürliche Schlafmittel wie Melatonin


Während in den USA das Schlafhormon Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel frei verkäuflich ist, ist das bisher einzige in Deutschland zugelassene melatoninhaltige Arzneimittel verschreibungspflichtig und auch nur für die Behandlung primärer Insomnie von über 55-Jährigen zugelassen.8 Melatonin steuert den Tag-Wach-Rhythmus des Körpers. Die Einnahme darf nicht zu wechselnden Zeiten erfolgen und sie sollte circa ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen stattfinden.9 Sonst kann es genau zu dem kommen, wogegen Melatonin eigentlich helfen soll: zu Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus.

Auswahl eines Schlafmittels


Viele Schlafmittel haben Nebenwirkungen und können zu einer Gewöhnung oder Abhängigkeit führen. Daher ist der Gang zum Arzt dringend anzuraten, da er viele Faktoren in seine Empfehlung miteinbezieht, beispielsweise:

  • den Schweregrad der Schlafstörung,
  • die Art der Schlafstörung,
  • das Alter des Patienten,
  • ob Vor- oder Begleiterkrankungen bestehen,
  • ob die Einnahme von Schlafmitteln, die abhängig machen, aufgrund einer positiven Suchtanamnese (Alkohol, Medikamente, Drogen) des Patienten ausgeschlossen werden muss,
  • ob bereits andere Medikamente eingenommen werden.

Der Arzt kann Ihnen zudem Tipps und Hilfestellungen geben, wie Sie auch ohne starke Schlafmittel zur Ruhe kommen.

Fazit: Mittel gegen Schlafstörungen vorsichtig einnehmen


Viele Hypnotika können zwar kurzfristig helfen, den Schlaf wiederherzustellen, eine Dauerlösung sind sie aber nicht. Schlafprobleme sollten nicht nur mit Medikamenten, sondern auch durch entsprechende alternative Methoden angegangen werden. Dabei sind besonders eine gute Schlafhygiene, Entspannungstechniken und Verhaltenstherapien empfehlenswert.

In stressigen Phasen können zudem pflanzliche Schlafmittel die Erholung unterstützen, denn sie machen nicht schläfrig, sondern fördern vielmehr die innere Ausgeglichenheit.

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Julia Lindert Die Ressortjournalistin Julia Lindert spezialisierte sich während ihres Studiums auf die Themenfelder Medizin und Biowissenschaften. Medizinische Sachverhalte in verständlicher Sprache zu formulieren, ist das, was sie an ihrer Arbeit besonders mag. Ihr Credo in Bezug auf Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten: Nichts beschönigen, aber auch keine unnötigen Ängste schüren. Julia Lindert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1Oxman et al.: A televised, web-based randomised trial of an herbal remedy (valerian) for insomnia. PLoS ONE, 2010, PMID 17940604 - Stand (05.09.2018)
  • 2Bühring, Ursel: Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde : Grundlagen, Anwendung, Therapie. Stuttgart : Haug Verlag. 4/2014. S. 598.
  • 3Viegener, Ulrike: Wenn Schäfchen zähle nicht hilft. PTA-Forum online. Ausgabe 10/2014. URL: https://ptaforum.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=4886 - Stand (10.09.2018)
  • 4Riemann, Dieter: Ratgeber Schlafstörungen : Informationen für Betroffene und Angehörige. Göttingen : Hogrefe. 2/2016, S. 63.
  • 5Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.: Immer mit der Ruhe … Nutzen und Risiken von Schlaf- und Beruhigungsmitteln. URL: http://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/Broschueren/Immer_mit_der_Ruhe.pdf - Stand (10.09.2018)
  • 6Riemann, Dieter: Ratgeber Schlafstörungen : Informationen für Betroffene und Angehörige. Göttingen: Hogrefe. 2/2016, S. 63.
  • 7Peter, Helga (Hrsg.): Enzyklopädie der Schlafmedizin. Heidelberg: Springer. 2007. S. 201.
  • 8Wild, Clarissa: Innere Uhr aus dem Takt. Pharmazeutische Zeitung online. Ausgabe 28/2010. URL: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=34530 - Stand (06.09.2018)
  • 9Apperger, Claudia: Wenn die Nacht zum Tag wird. PTA heute. URL: https://www.ptaheute.de/artikel/leseprobe-1-2-2017-nacht/ - Stand (10.09.2018)