Was genau ist das Boreout-Syndrom?


Personen mit einem Boreout-Syndrom leiden zwar an keiner Erkrankung im klassischen Sinne, dafür aber an einer chronischen Unterforderung. Diese resultiert in der Regel daraus, dass sie am Arbeitsplatz (oder allgemein im Leben) ständig mit Langeweile oder monotonen Tätigkeiten zu kämpfen haben. Auf Dauer kann sich ein solcher Zustand negativ auf Körper und Geist auswirken.

Gut zu wissen

Boreout (englisch: to bore = langweilen) ist eine englische Wortneuschöpfung und bedeutet frei übersetzt in etwa "ausgelangweilt".1

Wird die belastende Situation im Arbeitsalltag ausgelöst, spielen häufig folgende Faktoren eine Rolle:

  • Mangelhaftes Personalmanagement: dem Mitarbeiter wird zu wenig zugetraut.
  • Schlechte Auftragslage: im Unternehmen gibt es insgesamt zu wenig zu tun.
  • Mobbing: dem Betroffenen werden absichtlich stupide und monotone Aufgaben zugeteilt.
  • Angst vor Verantwortung: der Mitarbeiter möchte keine anderen Tätigkeiten übernehmen, aus Angst, diesen nicht gewachsen zu sein.
  • Misstrauen gegenüber Vorgesetzten: der Betroffene hat Sorge, dass seine Ehrlichkeit in Bezug auf die Unterforderung gegen ihn verwendet werden könnte (zum Beispiel als Argument zur Gehaltskürzung).

Doch auch im privaten Umfeld sind Auslöser für Boreout zu finden, die sich oftmals nur schwer überwinden lassen. Eine junge Frau in Elternzeit, die vorher voll im Berufsleben stand, hat möglicherweise ein schlechtes Gewissen, ihrer Familie gegenüber offen zu äußern, dass die reine Haushalts- und Kinderbetreuung ihrem Leben nicht genügend Inhalt gibt. Und auch bei älteren und kranken Menschen, die das Rentenalter bereits erreicht haben beziehungsweise in Frührente gehen müssen, ist Boreout keine Seltenheit. Der plötzliche Wegfall des Arbeitsalltags ist ein einschneidendes Erlebnis, dass es zu bewältigen gilt.

Arbeitslosigkeit und Boreout

Den eigenen Job gezwungenermaßen zu verlieren, kann ebenfalls Folgen für das psychische Wohlbefinden haben. Der Tagesablauf muss neu organisiert werden und die Jobsuche ist oftmals mit viel Frustration und Enttäuschung verbunden, die Einfluss auf das Selbstbewusstsein nehmen (zum Beispiel wiederholte Absagen nach Vorstellungsgesprächen).

Hinzu kommen bei einigen Arbeitssuchenden auch noch Geldnot und das Gefühl, nutzlos für die Gesellschaft oder als "Ernährer der Familie" zu sein. Aufgrund der vielen hier zusammentreffenden Faktoren ist es durchaus möglich, dass ein bestehender Boreout möglicherweise fließend in eine Depression übergeht.

Symptome des Boreout-Syndroms


Die Boreout-Symptomatik entspricht teilweise der einer depressiven Verstimmung beziehungsweise Depression. Folgende Beschwerden sind typisch:

Dabei müssen nicht all die aufgezählten Symptome gleichzeitig in Erscheinung treten. Manchmal haben Betroffene auch nur eine der Beschwerden oder diese treten im Wechsel auf.

Die meisten der genannten Symptomen können im Übrigen auch andere Ursachen als Boreout haben. Anhaltende Müdigkeit ist beispielsweise ebenso die Folge eines Nährstoffmangels – etwa von Eisen. Daher empfiehlt sich immer eine medizinische Abklärung von Krankheitszeichen.

Unter- oder überfordert?

Auch wenn die Ursachen der beiden Syndrome sehr unterschiedlich sind, können die Auswirkungen vor Boreout und Burnout sich ähneln.

Boreout: Wann zum Arzt?

Gehen Sie dann in eine Praxis, wenn Ihnen Symptome (wie anhaltende Erschöpfung) Sorgen bereiten beziehungsweise diese nicht abklingen. Einen zu frühen Gang zum Arzt gibt es nicht.

In Sachen Boreout-Syndrom ist im Übrigen der Hausarzt ein guter erster Ansprechpartner. Er kann andere auslösende Ursachen ausschließen, Medikamente gegen Beschwerden wie Schlafstörungen verschreiben und Sie bei Bedarf an einen Psychotherapeuten überweisen.

Warum wirkt sich Boreout auf den Organismus aus?


Unter anderem aufgrund dieser Faktoren:

  • fehlender Eustress (abregender, stimulierender Stress)
  • untrainiertes Arbeitsgedächtnis
  • seltenere Ausschüttung bestimmter Hormone

Man könnte vielleicht denken, dass es doch durchaus positiv ist, wenig Stress im Job zu haben. Doch eigentlich möchten Körper und Geist regelmäßig gefordert werden. Und zwar in Form von positivem Stress. Experten nennen ihn Eustress.2

Fehlt eine gewisse Anspannung beziehungsweise herrscht ständige Unterforderung und Langeweile vor, verringert das oftmals die Leistungsfähigkeit sowie Belastbarkeit. Der Grund dafür liegt unter anderem darin, dass das Arbeitsgedächtnis, in dem die vorübergehende Informationsspeicherung stattfindet, weniger trainiert wird. Daher sind Menschen mit Boreout beispielsweise schneller müde.3

Herausforderungen sind des Weiteren wichtig, weil sie für die Ausschüttung von Botenstoffen wie Adrenalin und Noradrenalin sorgen. Sie versetzen unseren Organismus in den Arbeitsmodus – machen ihn also belastbar. So erhöht sich zum Beispiel vor einem wichtigen Kundengespräch oder einer Präsentation die Atemfrequenz, damit dem Gehirn mehr Sauerstoff zum Arbeiten zur Verfügung steht. Langweilt sich ein Arbeitnehmer, erfolgt keine Aktivierung zu Höchstleistungen.

Nach dem Meistern einer anspruchsvollen Arbeit im Job, schüttet der Körper darüber hinaus üblicherweise die Hormone Dopamin und Serotonin aus. Diese kennen einige Menschen besser unter der Bezeichnung "Glückshormone". Sie sorgen dafür, dass wir uns nach einer herausfordernden Aufgabe wieder zufrieden und entspannt fühlen.

Personen deren Organismus nur selten Dopamin und Serotonin ausschüttet, sind auf Dauer häufig nicht nur unglücklicher, sondern bekommen mitunter Symptome wie Müdigkeit, Konzentrationsprobleme oder Schlafstörungen4 – also typische Begleiterscheinungen eines Boreout.

Boreout-Syndrom - Test


Vielleicht vermuten Sie, Boreout zu haben? Wenn Sie die Mehrheit der folgenden Fragen mit "Ja" beantworten, ist es möglich, dass Sie von der Problematik betroffen sind.

Machen Sie den Boreout Selbsttest

  • Verbinden Sie mit Ihrem Alltag oder Ihrer Arbeit Langeweile und Unterforderung?
  • Erkennen Sie keinen tieferen Sinn in Ihren Tätigkeiten?
  • Gibt es über den Tag verteilt immer wieder große Zeiträume, in denen Sie nicht wissen, wie Sie sich beschäftigen sollen?
  • Verbringen Sie einen Großteil Ihrer Arbeitszeit damit, vor Kollegen so zu tun, als hätten Sie sehr viele wichtige Aufgaben zu erledigen?
  • Fühlen Sie sich am Ende eines Tages ausgelaugt und müde, obwohl Sie aus Ihrer Sicht wenig Relevantes geleistet haben?
  • Würden Sie gerne aus Ihrem Alltag ausbrechen (beispielsweise den Job wechseln oder die Elternzeit beenden)?

Beachten Sie jedoch, dass dieser Selbsttest nicht wissenschaftlich fundiert ist und Ihnen daher lediglich einen Hinweis darauf geben kann, ob Ihr Risiko, unter einem Boreout-Syndrom zu leiden, erhöht ist. Um mehr Gewissheit zu erhalten, sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Hausarzt suchen.

Tipps: Was können Betroffene gegen Boreout machen?


Sie suchen nach Möglichkeiten, die Ihre Situation verbessern? Zu den bewährten Mitteln beim Boreout-Syndrom zählen beispielsweise die folgenden:

  • Ein Gespräch mit dem Arbeitgeber führen: Für dieses empfiehlt es sich vorher zu überlegen, was genau die Gründe dafür sind, dass Sie sich langweilen. Ideal ist es dabei, wenn Sie gleich Lösungsvorschläge (wie eine Erweiterung Ihres Aufgabenbereichs) notieren und mit in die Besprechung nehmen. Sie brauchen in der Regel keine Angst vor einer solchen Aussprache mit dem Vorgesetzten zu haben. Wenn Sie aus eigener Initiative heraus etwas zum Positiven verändern wollen, zeigen Sie Ihrem Chef, dass Sie motiviert sind und Ihre Arbeit Ihnen sehr wichtig ist.
  • Neue Wege gehen: Manchmal verbessert sich die Lage eines Boreout-Betroffenen auch nach einem Mitarbeitergespräch beziehungsweise durch veränderte Aufgabenstellungen nicht. Wenn das bei Ihnen der Fall ist, sollten Sie einen Jobwechsel in Erwägung ziehen. Für Mütter oder Väter in Elternzeit mit Boreout gilt: Sprechen Sie mit Ihrem Partner und versuchen Sie, gemeinsam eine Lösung zu finden. Möglicherweise können beide Elternteile gleichzeitig in Teilzeit arbeiten und sich mit der Kinderbetreuung abwechseln? Auch eine Tagesmutter oder Kindertagesstätte kann eine Lösung sein.
  • Langeweile in der Freizeit vermeiden: Sorgen Sie (zum Beispiel durch das Lesen von anspruchsvollen Sachbüchern) dafür, dass Ihr Gehirn trainiert wird. Und bringen Sie Ihren Körper mit regelmäßigem Sport wie Joggen oder Klettern dazu, dass er Glückshormone produziert. Kurz: Fordern Sie sich selbst, um die Vorteile von positivem Stress zu erfahren. Gerade für berentete Betroffene kann es außerdem hilfreich sein, sich Gleichgesinnte zu suchen, um gemeinschaftlich einen reizvollen Alltag zu planen — beispielsweise mit regelmäßigen Städtetrips oder Museumsbesuchen.

Lassen die Symptome trotz Ihrer Bemühungen nicht nach oder haben Sie die Sorge, dass Ihr Boreout in eine Depression umschlagen könnte, zögern Sie nicht, sich professionelle Unterstützung von einem Arzt zu holen.

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Jana Welsner Zellfunktionen, Organsysteme und Krankheitsbilder – schon lange bevor Jana Welsner ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckte, zog die Funktionsweise des menschlichen Körpers sie in ihren Bann. Nach einer Ausbildung zur Sanitätshelferin und dem Studium des vorklinischen Abschnitts der Humanmedizin entschloss sie sich, Interesse und Leidenschaft zu kombinieren. Seit 2017 arbeitet sie nun bei kanyo® und beschäftigt sich dabei täglich mit dem weiten und spannenden Feld der Gesundheitslehre und Heilkunde. Jana Welsner Medizinredakteurin und Lebensmitteltechnologin kanyo® mehr erfahren
Regina Lopes Bombinho Brandt Aufgrund ihrer Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin kennt Regina Brandt Krankenhäuser auch hinter den Kulissen. Durch ihr Studium der Sprach- und Kommunikationswissenschaften vermischen sich bei kanyo® ihre Kenntnisse in Sachen Online-Redaktion, Medizin und Kommunikation. Regina Lopes Bombinho Brandt Medizinredakteurin und Kommunikationswissenschaftlerin kanyo® mehr erfahren
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